Über das letzte Jahrzehnt ist die Entwicklung von Kraftfahrzeugen mit Elektroantrieb erheblich vorangekommen, vor allem für den Stadtbereich haben sich Modelle mit reinem E-Motor bzw. Hybridfahrzeuge merklich etabliert. Für die großen Automobilbauer weltweit stellt sich die Herausforderung, gehobene Leistungswerte von Fahrzeugen der Mittel- und Oberklasse mit der alternativen Antriebstechnik zu kombinieren, um auf langen Strecken eine bestmögliche Performance zu bieten. Die Modellreihe BMW ActiveE stellt ein Aushängeschild dieser Entwicklungen dar, das im Jahr 2011 vom bayrischen Automobilunternehmen vorgestellt wurde und zu den überzeugendsten Konzepten seiner Art gehörte. Basierend auf dem 1er Coupé der renommierten Marke findet eine stetige Weiterentwicklung des Projekts statt, das aktuell beispielsweise Testfahrern in Berlin und Leipzig offensteht und zum Wegbereiter von BMW in eine energiebewusste Zukunft werden soll.
Wie andere Automobilbauer in Deutschland hat BMW schnell die Wichtigkeit alternativer und nachhaltiger Antriebe für sich entdeckt, bereits heute lassen sich Hybrid- und Elektrofahrzeuge des Herstellers serienmäßig erwerben. Mit dem BMW ActiveE geht die Marke allerdings einen Schritt weiter und möchte einen reinen Elektroantrieb mit einer effizienten und leistungsstarken Motorentechnologie verknüpfen. Im Jahr 2011 wurde das Coupé erstmals an Kunden ausgeliefert, das mit seinen Leistungswerten dem Kompaktsegment zugeordnet werden kann und im Stadtverkehr ebenso wie auf Überlandfahrten zur sinnvollen Anschaffung werden sollte. Zum damaligen Zeitpunkt war die Zahl der Fahrzeugmodelle auf 1.000 Exemplare beschränkt, über die erste Testphase sollten grundlegende Informationen und Erfahrungswerte von treuen BMW-Kunden gesammelt werden.
Über die letzten Jahren ist die Entwicklung des BMW ActiveE stetig vorangeschritten und steht weiteren Testfahrern offen. Auf seiner eigenen Webpräsenz bewirbt BMW aktiv die Teilnahme für Kunden in den Großstädten Berlin und Leipzig, um zu einem größeren Kreis an Testern im städtischen Umfeld sowie bei Autobahnfahrten zu gelangen. Über die wachsende Zahl an Testern soll vor allem überprüft werden, wie alltagstauglich der BMW ActiveE ist und ob er zu einer ernsthaften Alternative gegenüber dem 1er BMW werden kann, der die Grundlage des Derivats darstellt.
Zum Erfolg der Testphase und einem vermehrten Einsatz des speziellen Modells von BMW hat vor allem das Konzept DriveNow beigetragen. Die eigenständige GmbH mit Sitz in München wurde als Kooperation von BMW mit der renommierten Autovermietung Sixt gegründet und sollte vom Jahr 2011 an neue Maßstäbe im Bereich Carsharing setzen. Mehr als 2.000 Fahrzeuge gehören zum Unternehmen, die das Sharing in mehreren Großstädten in Deutschland in den USA ermöglichen. Fahrzeuge der Baureihe BMW ActiveE prägen das Portfolio des Anbieters zwar nicht ausschließlich, jedoch wird verstärkt auf den Kompaktwagen von BMW vertraut, der einer Vielzahl von Ansprüchen unterschiedlicher Zielgruppen genügt.
Anfang 2014 konnte DriveNow mehr als 200.000 Kunden in der Bundesrepublik verzeichnen, wodurch die Gesellschaft zu einem der größten Anbieter im Bereich Carsharing hierzulande werden konnte. Alternativ zum BMW ActiveE gehören auch der klassische 1er BMW sowie das Modell X1 zum Angebot des Unternehmens, womit sich beim Carsharing frei zwischen dem klassischen Benziner und einem zeitgemäßen Elektroantrieb entschieden werden kann. Die Elektro-Modelle des Herstellers lassen sich aktuell allerdings nur in Berlin und Hamburg fahren, an anderen Standorten muss auf klassische Benziner von BMW vertraut werden.
Stärker als bei anderen Fahrzeuge mit einem kombinierten oder ausschließlich Elektroantrieb steht beim BMW ActiveE der Gedanke der Nachhaltigkeit im Vordergrund. Verschiedene Eingriffe in die Motorentechnologie des Herstellers sind bereits bei gängigen Baureihen von BMW erfolgt, werden im Konzept ActiveE jedoch zusätzlich gefördert und erweitert. Zu den bekanntesten Technologien dieser Art, die der Hersteller unter dem Namen Efficient Dynamics zusammenfasst, gehören das Start-Stopp-System des Motors bei längeren Standzeiten im Fahralltag sowie die Rückgewinnung von Energie über Bremsprozesse. Diese Maßnahmen werden beim BMW ActiveE mit der modernsten Technologie für Elektromotoren kombiniert, die das bayrische Unternehmen zu bieten hat und fortwährend weiterentwickelt.
Wie bei vielen Derivaten von BMW üblich, erfolgt der Antrieb des Coupés über die Hinterräder. Der Motor sitzt direkt auf der Hinterachse und kommt ohne Schalt- oder Automatikgetriebe aus. Stattdessen findet die Umsetzung der Energie über einen sogenannten Synchronmotor statt, der aus dem Stand heraus sein maximales Drehmoment bietet und hierdurch eine direkte Umsetzung der gewünschten Dynamik zusichert. Ausgestattet ist die Baureihe zudem mit einem Hochvoltspeicher, der nach aktuellem technischen Stand eine Reichweite des Fahrzeugs von 160 km zusichert. Die Aufladen an der gewöhnlichen 230-V-Steckdose bei 32 Ampere erfolgt in vier bis fünf Stunden, kombiniert ist mit einem Durchschnittsverbrauch von 14 kWh pro gefahrenen 100 Kilometern zu rechnen. Selbstverständlich bewegt sich der BMW ActiveE als reines Elektrofahrzeug komplett frei von CO2-Emissionen.
Zu den intelligentesten Konzepten innerhalb der Baureihe gehört das Ausnutzen der Motorenbremse zur Rückgewinnung der Energie. Sobald der Fahrer den Fuß vom Gas nimmt, wird der Elektromotor zu einem Generator für den Hochvoltspeicher, wodurch nach Angaben des Herstellers in drei von vier Fällen die klassische Fußbremse überflüssig wird. Stattdessen bremst der BMW ActiveE von sich aus in ausreichender Weise ab und hilft parallel dabei, wertvolle Energie zur Erhöhung der Reichweite des Fahrzeugs zu speichern. Der Effekt kommt im Stadtverkehr noch stärker zur Geltung, so dass vielfach ohne klassische Bremsprozesse durchgestartet werden kann.
Mit der genannten Motorisierung bringt das Elektromodell von BMW eine Leistung von 170 PS (125 kW) auf die Straße, was für einen Kompaktwagen eher als gehoben angesehen werden darf. Das sofort bereitgestellte Drehmoment bietet mit 250 Nm einen ebenfalls dynamischen Vortrieb. Die Spitzengeschwindigkeit des Fahrzeugs wird elektronisch abgeregelt und liegt bei 145 km/h, womit BMW den verstärkten Einsatz des Fahrzeugs im Stadtverkehr bzw. bei Überlandfahrten deutlich machen möchte. Die Beschleunigung des BMW ActiveE aus dem Stand auf 100 km/h wird nach Angaben des Herstellers in 9,0 Sekunden möglich.
Natürlich kommen Fahrer des Elektromodells von BMW nicht ohne technische Extras wie Klimaanlage oder Heizung aus, die sich ebenfalls über den Akku speisen und die Reichweite des Elektromotors reduzieren können. Eine intelligente Überwachung des aktuellen Ladestandes ist daher unverzichtbar, um die gegebene Reichweite bis zur nächsten Ladestation abschätzen zu können. BMW bietet hierfür mit dem Konzept ConnectedDrive eine intelligente Lösung, die mehr als eine reine Überwachung des aktuellen Akkustandes zusichert.
Durch die im Fahrzeug integrierte Mobilfunkkarte lassen sich die grundlegenden Daten zum Akkustand und den Leistungswerten bequem über das eigene Smartphone ablesen. Auf diesem bekommt der Nutzer auf Wunsch auch angezeigt, wo sich die nächste Ladestation in seinem Umfeld befindet, um bei einem sinkenden Ladestand des Akkus rechtzeitig wieder aufladen zu können. Per Knopfdruck wird es sogar möglich, die Heizung bzw. Klimaanlage direkt über die Ladestation zu betreiben und so nach der Aufladephase wieder in ein angenehm temperiertes Fahrzeug einsteigen zu können. Sinnvoll ist dieses Konzept vor allem, da nicht direkt Energie des gerade vollgeladenen Akkus für die Aufheizung bzw. Abkühlung eingesetzt werden.
Gestartet wurde der BMW ActiveE als Feldversuch mit 1.000 Exemplaren im BMW-Werk Leipzig. Mit seiner Karosserie und dem generellen Erscheinungsbild wurde das Fahrzeug komplett an den etablierten 1er BMW angelehnt, so dass auf den ersten Blick kein Unterschied zwischen diesen Modellen mit ihren jeweiligen Antriebsarten zu erkennen war. Auch im Design und in der Innenausstattung blieb die elektrische Variante nicht hinter dem etablierten Coupé zurück und bot so seit ihrer Einführung in der ersten Testphase den Grundcharakter eines echten BMW. Wie das Grundmodell ist der BMW ActiveE für vier Personen ausgelegt, das Volumen des Kofferraums liegt mit 200 Litern im gewohnt gemäßigten Bereich.
Da die Baureihe von Beginn an als Feldversuch ausgelegt wurde, haben Techniker und Designer bewusst nicht an einem eigenen optischen Charakter der Baureihe gearbeitet. Abhängig von der Zukunft des Fahrzeugmodells bleibt es abzuwarten, ob dies in den nächsten Jahren erfolgt und ob sich die Produktreihe weiterhin als Derivat des 1er BMW etablieren möchte. Da BMW weiterhin intensiv in die Zukunft der Elektromobilität investiert, dürfte eher mit der Auflage eigenständiger Modelle gerechnet werden, die ein komplett eigenes Design erhalten. Auf vielfältige Vorzüge im Innenraum sowie auf ein edles Design wird dabei kein Fahrer verzichten müssen, der mit dem gehobenen Renommee von Fahrzeugen aus dem Hause BMW vertraut ist.
Als der BMW ActiveE im Jahr 2011 vorgestellt wurde, war die Anwendung von bekannter Leistungselektronik aus dem Bereich der Verbrennungsmotoren mit einem reinen Elektromotor und zeitgemäßen Energiespeichern ein gewagter Schritt. Die Auflage von 1.000 Fahrzeugen sowie die zugehörigen Testreihen zur Alltagstauglichkeit haben BMW ausreichend Informationen geliefert, um die richtigen Schritt im Bereich Elektromobilität zu gehen. Dies spiegelt sich bereits in Hybridmodellen oder Neuauflagen anderer Baureihen wider, die auf technische Systeme aus den Produkttests von BMW ActiveE vertrauen. Im Gegenzug ist es unwahrscheinlich, dass es sich beim ActiveE bald um ein eigenständiges Serienmodell handeln dürfte, die Testphase dürfte jedoch weiterlaufen und auch das Konzept DriveNow im Bereich Carsharing kann als absoluter Erfolg für BMW gewertet werden. Möglicherweise wird die Flotte dieser Baureihe erweitert und die Testreihe noch ausgedehnt, dies muss jedoch nicht mehr zwingend im Rahmen des Projektes BMW ActiveE erfolgen.
Wie bei anderen reinen Elektrofahrzeugen bleibt auch bei diesem Projekt das Grundproblem der Energiespeicherung bestehen. Die Reichweite von durchschnittlich 160 km dürfte den meisten BMW-Fahrern nicht genügen, auch die Ladezeit von mehreren Stunden ist für viele Fahrzeughalter noch gewöhnungsbedürftig. Die Leistung einer gehobenen Kompaktklasse vereint BMW jedoch mit den gewohnt gehobenen Standards des Unternehmens in Innenraum und Design und zeigt, dass Elektromobilität nicht nur in Kleinstfahrzeugen und im Stadtverkehr funktioniert. Es bleibt abzuwarten, welche konkreten Schlüsse aus dem Projekt BMW ActiveE gezogen werden und wie sich diese auf die Serienproduktion von BMW auswirken. Möglicherweise kommt bereits 2014 oder 2015 ein neues und interessantes Serienfahrzeug auf den Markt, dass sämtliche Erkenntnisse von BMW ActiveE in einer attraktiven und leistungsstarken Weise umsetzt.