Paravan: Die Idee vom barrierefreien Fahrzeug

(Pfronstetten-Aichelau, 01.09.2023) Wie aus Roland Arnolds Idee vom barrierefreien Fahrzeug mit elektronischer Lenkung ein Game-Changer für die Behindertenmobilität und die gesamte Fahrzeugindustrie wurde - von der Garagenwerkstatt in Pfronstetten-Aichelau zum Weltmarktführer

"Nicht behindert zu sein ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jederzeit genommen werden kann", sagte Bundespräsident Richard von Weizsäcker bereits 1987 und unterstrich damit die Bedeutung des Rechts auf gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dass viele dieser Barrieren immer noch bestehen, erlebte Roland Arnold im Jahr 1997 an einer Autobahnraststätte. Als gelernter Kfz-Mechaniker aus der Schwäbischen Alb half er einer Frau, ihren Mann vom Rollstuhl in das Auto umzusetzen. Doch dieser sollte nicht wie ein Gepäckstück im Kofferraum transportiert werden. Der erste Versuch scheiterte bei strömendem Regen. Triefend nass kam Roland Arnold mit der Frau ins Gespräch und kehrte zurück in seine heimische Werkstatt - angetrieben von der Überzeugung, dass es eine bessere Lösung geben muss. Seitdem arbeitet er unermüdlich an technischen Lösungen und trägt die unternehmerische Verantwortung.

Die Idee des barrierefreien Fahrzeugs

Das war die Geburtsstunde von PARAVAN. Der Name des Unternehmens setzt sich zusammen aus den Begriffen Paraplegie – "PARA" – und "VAN" – das optimale Fahrzeug für einen solchen Umbau. In seiner Werkstatt auf dem elterlichen Hof begann er, an einer Lösung für ein barrierefreies Auto zu arbeiten, das Menschen ein Stück Unabhängigkeit und Lebensqualität zurückgeben sollte. So entstand 1998 der erste barrierefreie Chrysler Voyager, bei dem der Fahrzeugboden von der A- bis zur C-Säule abgesenkt war, um Rollstuhlfahrern mehr Kopffreiheit zu bieten. Zudem gab es eine seitliche Rampe auf der Beifahrerseite. Damit konnte ein Rollstuhlfahrer vor das Lenkrad fahren und das Fahrzeug selbst steuern oder auf dem Beifahrersitz platziert werden. Schließlich überzeugte er auch den TÜV und wurde 1998 für sein Engagement mit dem Innovationspreis der Handwerkskammer Reutlingen ausgezeichnet. Roland Arnolds innovative Ideen verbreiteten sich rasch, und viele seiner Kunden steuerten bereits damals ihre Elektrorollstühle mithilfe eines Joysticks. Für Roland Arnold lag die nächste Herausforderung auf der Hand: Dies muss auch im Auto möglich sein!

Space Drive: Was mit dem Rollstuhl funktioniert, muss auch im Auto funktionieren

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Copyright: PARAVAN Foto: PARAVAN

Zu dieser Zeit gab es in Deutschland noch keine zugelassene Lösung dafür. Roland Arnold begann zu recherchieren und wurde fündig. Ein Drive-by-Wire-System musste her, mit dem individuelle Eingabegeräte wie Joysticks, Minilenkräder oder Gas-Bremsschieber Gas, Bremse und Lenkung eines Autos bedienen können – angepasst an das jeweilige Beschwerdebild. Über diese Eingabegeräte wurden elektrische Signale über ein Kabel an eine redundante Steuereinheit übertragen, die wiederum die Signale in Lenkbewegungen sowie Gas- oder Bremssignale umsetzte. Auf diese Weise konnte ein Auto mit minimalem Kraftaufwand gesteuert werden. Damals gab es in Deutschland keine straßenzugelassene Lösung, und es gab auch keine Vorschriften, wie eine solche Lösung zugelassen werden könnte. Roland Arnold nahm die Herausforderung an und brachte 2003 – vor genau 20 Jahren – das erste Drive-by-Wire-System auf die Straße. Im Jahr 2005 erfolgte schließlich die endgültige TÜV-Zulassung für die erste Generation von Space Drive. Von da an konnten Menschen mit erheblichen Bewegungs- und Krafteinschränkungen wieder eigenständig ein Fahrzeug führen und am Leben teilhaben – ein erheblicher Gewinn an Lebensqualität.

Elektrorollstuhl als Fahrersitz – selbstverständlich crashgetestet

In den folgenden Jahren wurde die Technologie kontinuierlich weiterentwickelt. Es kamen weitere Produkte hinzu, die den Einbau in Fahrzeuge erleichterten, wie der PARAVAN-Kassettenlift oder die Transferkonsole, die das Umsetzen ins Fahrzeug ermöglichten. Eingabehilfen für die Sekundärfunktionen eines Fahrzeugs per Knopf oder Schalter wurden ebenfalls entwickelt. Im Jahr 2008 folgte die Entwicklung eines Elektrorollstuhls, der über eine Dockingstation fest mit dem Auto verbunden werden konnte und als Fahrersitz zugelassen war – selbstverständlich crashgetestet. Bis dahin gab es auf dem Markt keinen Elektrorollstuhl, der speziell für diesen Zweck entwickelt wurde, da die Marge zu gering war. Doch für Roland Arnold war dies Ansporn genug, die Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen. Dies führte zu einer deutlich sichereren und komfortableren Fahrerfahrung. Der PR 50 verfügt über ein integriertes Drei- oder Vier-Punkt-Gurtsystem, das auf die individuellen Bedürfnisse des Fahrers abgestimmt ist. Auch andere Annehmlichkeiten wie die Kantelung, Höhenverstellung, R-Net-Steuerung oder individuelle Anpassungen durch ein Sanitätshaus wurden nicht vernachlässigt. Inzwischen umfasst das Elektrorollstuhlportfolio von PARAVAN acht Modelle, darunter Kindermodelle, der Allrounder PR 30/II, Stehrollstühle für Kinder und Erwachsene sowie Heavy-Duty-Modelle für übergewichtige Personen. Darüber hinaus bietet das Unternehmen einen 360-Grad-Service, der von der ersten Beratung über die PARAVAN-Fahrschule bis zur Auslieferung eines individuell angepassten Fahrzeugs alles aus einer Hand bietet. Die PARAVAN GmbH hat auch eine Niederlassung in Heidelberg mit einem ähnlichen Angebot, einschließlich einer behindertengerechten Fahrschule, sowie Partnerbetriebe in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Ostdeutschland sowie Lizenzpartner in über 20 Ländern in und außerhalb Europas.

Space Drive 2 - Ein Wendepunkt in der Automobilindustrie

disability-mobility_1877_BS Copyright: PARAVAN Foto: PARAVAN

Die Mobilitätstüftler aus Aichelau erkannten frühzeitig, dass Space Drive nicht nur ein innovatives Fahr- und Lenksystem für die Behindertenmobilität darstellt, sondern auch ein breites Anwendungspotenzial außerhalb der Lösungen für Menschen mit Handicap bietet. Dies reichte von Transport und Logistik über Landwirtschaft und Bergbau bis hin zum autonomen Fahren. Erste Anfragen aus der Industrie ließen nicht lange auf sich warten. Wenn Fahrzeuge in Zukunft über ein automatisiertes Fahrsystem, Sensoren oder KI gesteuert werden, ist eine Lenksäule im Fahrzeug nicht mehr erforderlich. Roland Arnold entwickelte die Technologie weiter, und 2013 erhielt Space Drive 2 die Straßenzulassung mit einer einzigartigen Sicherheitsarchitektur, die nach den höchsten Standards entwickelt wurde. Um die Technologie zur Serienreife zu bringen, ging Roland Arnold Partnerschaften und Kooperationen mit anderen Unternehmen ein und testete die Technologie unter extremen Bedingungen. Im Jahr 2019 wagte er den Schritt in den Motorsport und brachte den weltweit ersten Rennwagen ohne mechanische Verbindung zwischen Lenkeinheit und Lenkgetriebe auf die Rennstrecke. Das Ziel war die Generierung von Daten, die für die weitere Entwicklung neuer Technologien in diesem Bereich wichtig sind. Es folgten Einsätze beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring, in der DTM, GT-Masters und beim GTC Race.

Herausforderungen der New Mobility

Vor dem Hintergrund des tiefgreifenden Wandels in der Automobilindustrie stehen die Mobilitätstüftler vor neuen Herausforderungen. Modellwechsel bei Fahrzeugen erfolgen heute deutlich schneller als früher, und mit der Elektromobilität ergeben sich zusätzliche technische Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf das zulässige Gesamtgewicht der Fahrzeuge. Viele der beliebten Modelle sind nicht mehr als Verbrenner verfügbar, weshalb neue Fahrzeugalternativen erforderlich sind, wie zuletzt der Hyundai Staria. Zukünftige autonome Fahrzeuge müssen nicht nur einen barrierefreien Zugang zum Fahrzeug ermöglichen, sondern auch intelligente und anpassungsfähige Eingabegeräte bieten. Nur so können die zunehmende Automatisierung und Assistenzsysteme auch Menschen mit Handicap zugutekommen und den Nutzerkreis erweitern. Hier liegt der zukünftige Entwicklungsschwerpunkt der PARAVAN GmbH.

Über PARAVAN

Die PARAVAN GmbH ist ein innovatives Unternehmen, das sich auf die Entwicklung und Herstellung von barrierefreien Mobilitätslösungen spezialisiert hat. Gegründet von Roland Arnold in Pfronstetten-Aichelau, hat sich PARAVAN zu einem Weltmarktführer auf dem Gebiet der Behindertenmobilität und der Fahrzeuganpassungen entwickelt. Das Unternehmen wurde zu einem Vorreiter in der Branche und hat einen bedeutenden Einfluss auf die Lebensqualität von Menschen mit körperlichen Einschränkungen.

Die Geschichte von PARAVAN begann mit einer einfachen, aber bahnbrechenden Idee: die Schaffung eines barrierefreien Fahrzeugs, das es Menschen mit Mobilitätseinschränkungen ermöglicht, ihre Unabhängigkeit zurückzugewinnen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Roland Arnold erkannte die Notwendigkeit für solche Lösungen, als er 1997 an einer Autobahnraststätte einer Frau half, ihren Mann vom Rollstuhl in das Auto umzusetzen. Dieses Erlebnis inspirierte ihn dazu, in seiner Werkstatt an technischen Lösungen zu tüfteln, die das Leben von Menschen mit Behinderungen erleichtern würden.

Das Ergebnis dieser Bemühungen war der erste barrierefreie Chrysler Voyager im Jahr 1998, der den Weg für viele weitere innovative Produkte ebnete. Dieses Fahrzeug verfügte über einen speziell abgesenkten Fahrzeugboden für mehr Kopffreiheit für Rollstuhlfahrer sowie eine seitliche Rampe auf der Beifahrerseite. Mit dieser Lösung konnten Rollstuhlfahrer direkt hinter das Lenkrad fahren und das Fahrzeug eigenständig steuern oder sich auf dem Beifahrersitz platzieren. Dies war ein großer Fortschritt für die Mobilität von Menschen mit Behinderungen und wurde schließlich vom TÜV zertifiziert.

Eine weitere wichtige Entwicklung von PARAVAN war die Einführung des Space Drive-Systems, das es Menschen mit Bewegungs- und Krafteinschränkungen ermöglicht, ein Fahrzeug mit minimaler Anstrengung zu steuern. Dieses Drive-by-Wire-System ermöglicht die Bedienung von Gas, Bremse und Lenkung mittels individueller Eingabegeräte wie Joysticks, Minilenkrädern oder Gas-Bremsschiebern. Das System wurde erstmals im Jahr 2003 eingeführt und erhielt 2005 die endgültige TÜV-Zulassung. Damit konnten Menschen mit Mobilitätseinschränkungen wieder eigenständig Fahrzeuge führen und ihre Lebensqualität erheblich verbessern.

PARAVAN hat auch einen Elektrorollstuhl entwickelt, der speziell als Fahrersitz zugelassen ist und crashgetestet wurde. Dieser Elektrorollstuhl, der PR 50, bietet eine sichere und komfortable Möglichkeit für Rollstuhlfahrer, ein Fahrzeug zu steuern. Das Unternehmen hat sein Elektrorollstuhlportfolio ständig erweitert und bietet Modelle für verschiedene Bedürfnisse und Anforderungen.

Neben den Produkten hat PARAVAN auch einen umfassenden Serviceansatz entwickelt, der von der Beratung über die PARAVAN-Fahrschule bis zur Auslieferung individuell angepasster Fahrzeuge reicht. Das Unternehmen hat Niederlassungen in Heidelberg sowie Partnerbetriebe in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Ostdeutschland. Darüber hinaus hat PARAVAN Lizenzpartner in über 20 Ländern in und außerhalb Europas.

Die Innovationskraft von PARAVAN führte zur Entwicklung von Space Drive 2, einem wegweisenden System für das autonome Fahren und andere Anwendungen außerhalb der Behindertenmobilität. Dieses System erhielt 2013 die Straßenzulassung und wurde nach höchsten Sicherheitsstandards entwickelt. PARAVAN ist bestrebt, seine Technologie weiter voranzutreiben und hat sogar den Motorsport betreten, um Daten für die Entwicklung neuer Technologien zu generieren.

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